Jahresauftaktklausur des Landeskabinetts in Northeim – Weichenstellungen für die nächsten Monate

Von Montag, 30. Januar 2023, bis Dienstag, 31. Januar 2023, hat sich das Kabinett zusammen mit den Staatssekretärinnen und Staatssekretären aller Ressorts in Northeim zu einer ersten Klausurtagung getroffen. Im Vergleich zur früheren Landesregierung gibt es inzwischen in allen Fachressorts eine neue Ministerin beziehungsweise einen neuen Minister. Die Klausurtagung war von einem sehr guten und konstruktiven Miteinander geprägt.

Gleichsam vor der Klammer stand auf der Klausurtagung die nach wie vor notwendige Krisenbekämpfung. Die Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten aus der Ukraine, aber auch aus anderen Krisengebieten in der Welt, die Sicherung der Energieversorgung und die Bezahlbarkeit von Energie sowie die Hilfsmaßnahmen für von der Inflation besonders betroffene Menschen und Unternehmen sind allen als vordringliche Aufgabe bewusst.

Im Mittelpunkt stand in Northeim jedoch der Themenkomplex Klimaschutz und Transformation. Dazu gehören Erhalt und nachhaltiger Umbau der Industrie in Niedersachsen. „Wir müssen“, so Ministerpräsident Stephan Weil, „große Beiträge für den Klimaschutz schaffen und die vorhandenen Stärken unseres Landes als Industriestandort erhalten. Über eine aktive Regionalpolitik wollen wir verstärkt Ansiedlungen nach Niedersachsen holen. Klimaschutz und ein starker Wirtschaftsstandort mit guten Arbeitsplätzen sind keine Gegensätze, beides zusammen macht unser Land zukunftsfest.“

Kultusministerin Julia Willie Hamburg: „Die Transformation ist eine riesige gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die sich auf nahezu alle Bereiche auswirkt. Die Chancen, die in diesem Umbruch stecken, wollen wir durch die Beförderung und Unterstützung der vielen Ideen und Aktivitäten in unserem Land nutzen und vorantreiben. Hier ist es entscheidend, schnell und konsequent aber gleichsam gemeinsam mit Expertinnen und Praktikern zu handeln.“

Eine gute Grundlage für den Austausch im Kabinett hatten die Impulsvorträge von Prof. Dr. Jens Südekum, Professor für internationale Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und von Dr. Claudia Bogedan, Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung geboten. Südekum hatte auf die begrenzten Handlungsmöglichkeiten von Landespolitik hingewiesen, aber gerade die Bereiche Beschleunigung von Vorgaben sowie aktive regional ausgerichtete Förderpolitik und eine Optimierung der beruflichen Aus- und Weiterbildung als wichtige Handlungsfelder identifiziert. Auch die Kreislaufwirtschaft habe ein sehr viel größeres Potenzial als viele Wirtschaftswissenschaftler das zunächst eingeschätzt hätten.

Claudia Bogedan hatte zunächst den vielfältigen Veränderungsdruck und die zahlreichen globalen Krisen beschrieben. Daraus erwachse die Notwendigkeit, Transformationsprozesse gut und verständlich zu erklären und nachvollziehbar zu machen. Nur dann könnten die Betroffenen motiviert werden, sich auch ganz persönlich auf die anstehenden Veränderungen einzulassen und sie aktiv mitzugestalten. Unternehmen mit starker Mitbestimmung würden sich gerade in Transformationszeiten als robuster und wirtschaftlich erfolgreicher erweisen. Das Gefühl der Selbstwirksamkeit und eine im Unternehmen erfahrene Anerkennung würden dem ansonsten schnell lähmenden Gefühl der Machtlosigkeit besonders effektiv entgegenwirken. Diese Erkenntnis lässt sich auch auf das politische Handeln übertragen.

Zu dem ersten Querschnittsthema ‚Klimaschutz und Transformation‘ hat sich die Landesregierung vorgenommen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun für einen schnellen Ausbau Erneuerbarer Energien, aber auch klimaschutzfördernder Infrastruktur. Dafür soll das Klimagesetz zeitnah überarbeitet und eine ‚Taskforce Energiewende‘ eingesetzt werden. Um die Klimaschutzziele möglichst früh zu erreichen, soll ein Klimavorrang beim Ausbau Erneuerbarer Energien und beim Netzausbau vorgesehen werden, eine wichtigere Rolle zudem soll die Stärkung der Energieeffizienz spielen. Die ‚Taskforce Energiewende‘ soll Genehmigungsverfahren beschleunigen. Kommunen und andere Genehmigungsbehörden werden bei ihrer Arbeit unterstützt, Verfahrenserleichterungen herbeigeführt und Hemmnisse abgebaut. Der entsprechende Beschluss ist heute vom Kabinett gefasst worden.

Deutlich mehr Tempo bei der Windkraft soll ein Gesetzespaket zum beschleunigten Ausbau der Windenergie bringen. Die einzelnen Flächenanteile der Landkreise sollen festgeschrieben, Beteiligungsmöglichkeiten von Kommunen und Bürgern ausweitet werden.

Ein wichtiges Element im Kampf gegen den Klimawandel soll in Niedersachsen die Energiedrehscheibe Wilhelmshaven einnehmen als Umschlagplatz für Erneuerbare Energien und grünen Wasserstoff.

Im Bereich der Mobilität soll ab Mai 2023 das bundesweit einsetzbare 49 Euro-Ticket zur Reduktion des CO2-Ausstoßes beitragen. Gerade in einem Flächenland ist es wichtig, den ÖPNV für die Bürgerinnen und Bürger bezahlbar zu machen und attraktiv auszugestalten. Wo irgend möglich und finanzierbar, soll der ÖPNV im ländlichen Raum auch durch Streckenreaktivierungen ausgebaut werden.

Im Bereich ‚Klimaschutz und Transformation‘ kommt der Forschung und der Lehre eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung neuer Impulse und Innovationen zu. Der Wissenschaftsminister wird deshalb in der nächsten Woche vorstellen, wie Niedersachsens Forschung und Lehre gestärkt und vor dem Hintergrund der gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen schlagkräftig aufgestellt werden.

Als ein zweites wichtiges Querschnittsthema neben ‚Klimaschutz und Transformation‘ ist der Bereich ‚Bildung, Qualifizierung und soziale Sicherung‘ bearbeitet worden, der untrennbar im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Entwicklungen steht. Bildung für eine Zukunft, die wir heute noch nicht kennen und Fachkräftesicherung sowie lebenslanges Lernen sind Voraussetzungen für gesellschaftliche Teilhabe und soziale Sicherheit. Deshalb wird auch ein Fokus auf dem Thema Fachkräftesicherung liegen. Die Frage der Berufsorientierung wird hier eine Rolle spielen. Unter der Überschrift ‚Fachkräftesicherung‘ sind eine bessere berufliche Orientierung und eine Optimierung des Übergangs zwischen Schule und Beruf sowie ein Ausbau der Weiterbildungsangebote für jüngere, aber auch ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weitere Schwerpunkte in diesem Bereich.

Mit der Konzeptionierung der Anhebung der Besoldung für Grund-, Haupt- und Realschullehrkräfte geht die Landesregierung einen wichtigen Schritt zur Stärkung der Attraktivität des Lehrerberufs. Die Landesregierung ist sich einig in Bezug auf die Umsetzung dieser Maßnahme und strebt zumindest einen Einstieg in 2024 an. Zudem wird in diesem Jahr das Konzept zur kostenlosen Bereitstellung digitaler Endgeräte für Schülerinnen und Schüler entwickelt, das die unterschiedlichen Voraussetzungen und auch pädagogischen Anforderungen an diese Maßnahme berücksichtigt.

Zur sozialen Sicherung ist das Ziel, die Krankenhauslandschaft stabil und qualitativ gut aufzustellen sowie eine schnelle Optimierung der niedersächsischen Krankenhauslandschaft und eine rasche Weiterentwicklung der Arbeit in der Pflege mit dem Ziel der Entlastung. Wer in Niedersachsen in einem Krankenhaus behandelt werden muss, soll sich auch in Zukunft darauf verlassen können, nach besten Qualitätsstandards und möglichst wohnortnah versorgt zu werden. Die niedersächsischen Krankenhäuser sollen zukunftsfest, resilient gegenüber Krisen und klimafreundlich aufgestellt sein. Dafür bedarf es einer ganzheitlichen Stärkung der Krankenhauslandschaft. Den Handlungsrahmen wird die aktuell in der Abstimmung befindliche Niedersächsische KrankenhausVerordnung setzen. Sie befindet sich in der Anhörung und soll noch im ersten Halbjahr dieses Jahres in Kraft treten. Ein zentraler Baustein ist die Schaffung von Regionalen Gesundheitszentren (RGZ) an Standorten, an denen Krankenhausträger entscheiden, dass ihr Krankenhaus nicht mehr dauerhaft betrieben werden kann. Damit bleiben dann für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort wesentliche Bereiche der fachärztlichen Versorgung erhalten, die vorhandene Infrastruktur kann weiter genutzt werden. Die Einrichtung von RGZ hat für die Landesregierung hohe Priorität.

Der dritte Querschnittsbereich, der auf der Klausurtagung behandelt wurde, betrifft die Bereiche ‚Beschleunigung und Vereinfachung, Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung‘. Der Transformationsprozess hin zu einer digitalisierten Verwaltung wird konsequent fortgeführt, die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes soll beschleunigt werden, ebenso die Digitalisierung im Justizwesen (E-Justice). Digitale Plattformen zur besseren behördenübergreifenden Zusammenarbeit werden geschaffen, eine Cloudinfrastruktur wird aufgebaut. Die nachhaltige Einstellungspolitik zur Gewinnung von qualifiziertem Landespersonal wird fortgesetzt, damit die Menschen auch in Zukunft auf eine auch digital gut aufgestellte demographiefeste Landesverwaltung bauen können. Alle Ressorts haben sich dazu verpflichtet, bisherige und neue Maßnahmen möglichst einfach zu gestalten. Für die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen sollen Antragsverfahren und andere Verwaltungsvorgänge digitalisiert und deutlich vereinfacht werden.

Stephan Weil zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf und den Ergebnissen der Tagung: „Wir sind gut gestartet und hochmotiviert, das Land in den nächsten fünf Jahren deutlich voran zu bringen. Mit der Transformation hin zu mehr Erneuerbaren Energien sind für Niedersachsen enorme Chancen verbunden, diese werden wir nutzen. Gelingen werden die in vielen Bereichen anstehenden Veränderungen nur dann, wenn die Bürgerinnen und Bürger und die niedersächsische Wirtschaft diesen Weg mitgehen. Dafür werden wir mit hoher Transparenz und vielfältigen Möglichkeiten der Beteiligung werben.“

Julia Willie Hamburg: Die Klausur knüpft an den Start der Regierungsbildung an. Wir haben eine vertrauensvolle Atmosphäre und wollen gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft gestalten. Dabei ist ein kollegialer Umgang, die Suche nach guten gemeinsamen Lösungen und ein großer Handlungswille spürbar. Das ist eine gute Grundlage für die anstehenden und herausfordernden Jahre und damit auch für Niedersachsens Entwicklung.“

 

 

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